Aus der Sylter Runschau vom 15.09.2016

Wenn die Hitze zur Gefahr wird, rücken auf der Insel die Rettungskräfte aus.

 

Der verlängerte Sommer – für Menschen mit Herz- und Kreislauf-Erkrankungen kann er zur Belastung werden. Erst am Montag mussten die Sylter Rettungskräfte zu zwei Einsätzen am Westerländer Hauptstrand ausrücken. Ein 81-Jähriger wurde aus dem Wasser geborgen, doch die Reanimierungsmaßnahmen waren erfolglos. Der Mann kam nicht wieder zu Bewusstsein und starb. Auch am Dienstag wieder Blaulicht und Martinshorn am Hauptstrand – das warme Wetter macht gerade älteren und kranken Menschen zu schaffen.

„Wir haben im Moment gut zu tun“, heißt es unisono aus der Rettungsleitstelle in Harrislee (bei Flensburg) und aus der Rettungsflugwacht in Niebüll – aber das sei nicht ungewöhnlich für die Jahreszeit. Dort ist der rot-weiße Rettungshubschrauber „Christoph Europa 5“ stationiert, der viele Notfallpatienten von den nordfriesischen Inseln zu den Krankenhäusern fliegt.

Bei dem zweiten Einsatz am Montag wurde ein 78-jähriger Mann am Hauptstrand mit Herzbeschwerden in die Nordseeklinik eingeliefert. Er konnte aus eigener Kraft das Wasser verlassen, musste sich dann aber am Flutsaum hinsetzen, die Arme weit nach hinten in den Sand gestreckt. „Kommen Badende erkennbar geschwächt aus dem Wasser , gehen wir auf sie zu und fragen, ob alles in Ordnung ist,“ erläutert Rettungsschwimmer Markus Werner. Wenn nicht, wird über Notruf 112 die Rettungsleitstelle alarmiert – wie in diesem Fall. Dann rücken die Männer und Frauen der Westerländer DRK-Rettungswache aus, oft mit Verstärkung durch einen Notarzt.

Die Rettungssanitäter sind auch auf Zwischenfälle am Strand bestens vorbereitet. „Davon gibt es rund 60 im Jahr“, weiß DRK-Rettungsdienstleiter Arne Dekarz zu berichten. Während die Helfer früher mit normalen Krankenwagen nur an den Strand heranfahren konnten und dann mit der Trage zum Patienten laufen mussten, verfügt das DRK Sylt seit gut 25 Jahren über einen speziell ausgerüsteten geländegängigen Unimog – einzigartig in Schleswig-Holstein. Der ist wie ein Rettungswagen ausgerüstet, einschließlich EKG mit Defibrillator, Atemwegs-Absaugung, Beatmungsgerät und Notfall-Medikamenten. Zum Fuhrpark gehören mittlerweile noch weitere Fahrzeuge, die am Strand nicht gleich kapitulieren – unter anderem eine Mercedes G-Klasse mit Spezialaufbau für kleinere Einsätze am Strand und ein Mitsubishi-Geländewagen für den Notarzt. Sandburgen am Strand sind übrigens ein Problem für die Fahrer der Geländewagen, denn sie müssen ausweichen. Zum einen, weil die Radaufhängung beschädigt werden könnte, zum anderen, weil darin Kinder liegen könnten.

Aber nicht nur Herzattacken und Kreislaufkollapse sind eine Herausforderung für die hauptamtlichen Rettungskräfte. Am Strand müssen sich die Sanitäter häufig um Menschen mit Sonnenstichen, Asthmaanfällen und Knochenbrüchen kümmern. Im Wasser können auch Krämpfe, epileptische Anfälle und Verletzungen an Buhnen zur tödlichen Gefahr werden. Dabei ist der Westerländer Hauptstrand überdurchschnittlich oft Ort des Geschehens – hier tummeln sich die meisten Menschen, darunter auch viele Tagesgäste älteren Semesters. „Viele trinken einfach zu wenig“, weiß Rettungsschwimmer Markus Werner aus Erfahrung. Vielleicht, weil sie den Weg zu den öffentlichen Toiletten scheuen.

Aber auch der Temperaturschock in den Fluten lässt den Kreislauf verrückt spielen, warnt die DLRG. Der Blutdruck steigt stark an, zugleich ziehen sich die Gefäße zusammen – mögliche Folge ist ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall. Daher sollte man den Körper vor dem Bad zunächst unter der Dusche abkühlen. Ist keine Dusche vorhanden: Langsam ins Wasser gehen, die Arme abwechselnd eintauchen und Gesicht und Oberkörper mit dem kühlen Wasser befeuchten, bevor man ganz untertaucht. Und natürlich sollte man auch nicht im kalten Wasser bleiben, bis sich der Körper auskühlt und sich die Lippen blau färben.

Aus der Sylter Rundschau vom 12.7.2016

„Dass wir sehr gute Arbeit leisten, ist uns bewusst. Nun wurde diese Einschätzung offiziell bestätigt“, freut sich Karl-Heinz Kroll, Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Westerland. Nach einer ausgiebigen Prüfung verlieh der TÜV Nord dem Rettungsdienst des DRK Westerland das Zertifikat für die national wie international meist verbreitete und bedeutendste Norm im Qualitätsmanagementsystem (QMS).“

Der Weg zur geprüften Qualität war lang: „Etwa zweieinhalb Jahre dauerten die von unserem QMS-Beauftragten Oliver Ross mit Unterstützung von Petra Pahl hervorragend geleisteten Vorarbeiten“, resümiert DRK-Rettungsdienstleiter Arne Dekarz. Dann kam es zur entscheidenden Prüfung: Zwei Auditoren des TÜV Nord nahmen den Rettungsdienst fast drei Tage lang unter die Lupe – und das DRK hatte seine Hausaufgaben gemacht, was sich in dem verliehenen Zertifikat nun dokumentiert.

Dieses erstreckt sich im Wortlaut auf „die Wahrnehmung rettungs- und notarztdienstlichen Aufgaben, die Durchführung von qualifizierten Krankentransporten sowie die Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen inklusive des Betriebs einer Lehrrettungswache“.

„Die Zertifizierung hat einen doppelten Effekt: Nach außen verdeutlicht sie die Qualität unseres Dienstes, nach innen hat sie eine verbesserte Transparenz der Abläufe bewirkt“, erläutert Arne Dekarz und ergänzt: „Ich bin stolz darauf, was hier vom Team geleistet wurde.“ Mehr noch: Parallel zur Zertifizierung führte das DRK ein Fehlermanagement-System, ein internes und externes Beschwerdesystem sowie ein Verbesserungs-Management für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, „das bereits sehr gut angenommen wird“.

„All diese Maßnahmen kommen dem Betrieb und auch den Patienten zugute“, betont Karl-Heinz Kroll. Nach der Prüfung ist indes vor der Prüfung: 2018 muss der Rettungsdienst seine Qualität beim TÜV Nord turnusmäßig erneut unter Beweis stellen.